Wirkung durch Leidenschaft
Mut und Visionen: Medien-Entscheider*innen im Gespräch
In vertrauter Atmosphäre und mit Blick für das Wesentliche diskutierten Entscheider*innen der Medien- und Kommunikationsbranche die großen Herausforderungen und Chancen unserer Zeit. Was macht echten Wandel aus? Wie bleibt man relevant – in Redaktionen, auf Bildschirmen, in Köpfen? Und vor allem: Wie gelingt es, bei allem technologischen Fortschritt die Begeisterung für Inhalte und die eigene Arbeit zu bewahren?
Die Gespräche führten mitten hinein in die Realität von Medienschaffenden, die mit Mut, Haltung und Innovationskraft ihre Organisationen durch Transformationen steuern.
Medienleidenschaft in Zeiten des Umbruchs – Fabiana von Holtzapfel im Gespräch mit Cordula Schmitz
Im Gespräch mit Fabiana von Holtzapfel, Direktorin Strategie bei pilot, beschrieb Cordula Schmitz, Chefredakteurin Digital beim Hamburger Abendblatt, eindrucksvoll ihren Blick auf die Transformation eines Traditionsmediums. Ihre Leidenschaft für Journalismus sei ungebrochen – trotz herausfordernder Zeiten, in denen Budgets schrumpfen und Zielgruppen sich verändern. Gerade dann sei Kreativität besonders gefragt. Sie wolle die besondere Energie im Lokaljournalismus unbedingt erhalten und plädierte für eine stärkere Nähe zur Leserschaft – durch Datenanalyse, neue Kanäle wie TikTok und innovative Formate wie Bewegtbild. Auch der Wandel innerhalb der Redaktion – von print first zu digital only – sei nur durch offene Kommunikation und Fingerspitzengefühl gelungen. Für Schmitz ist klar: KI kann repetitive Aufgaben erleichtern, soll aber journalistische Nähe und Relevanz nicht gefährden. Das Hamburger Abendblatt sieht sie weiterhin als stabile Marke mit viel Potenzial, gerade bei der jüngeren Zielgruppe. Ihr Wunschbild für 2030: das unverzichtbare Informationsmedium für Hamburg sein und ein Ort, an dem junge Journalist*innen flexibel und kanalübergreifend ausgebildet werden.
Mut schlägt Mittelmaß – Jürgen Irlbacher im Gespräch mit Inga Leschek
Im Austausch mit unserem pilot Entertainment-Geschäftsleiter Jürgen Irlbacher sprach Inga Leschek, Chief Content Officer bei RTL Deutschland, über die Bedeutung von Risikobereitschaft in der Fernsehunterhaltung. Ihre Überzeugung: Nur mit mutigen Entscheidungen lasse sich Relevanz schaffen. Ob die Zusammenarbeit mit Stefan Raab, das Rekordinteresse am ESC-Vorentscheid oder Großproduktionen zur Fußball-EM – mutige Projekte setzen Zeichen. Leschek betonte, wie wichtig es sei, Zielgruppen passgenau zu bedienen, etwa bei Formaten wie „Let’s Dance“, das erfolgreich neue Gesichter in bekannten Strukturen integriert. Auch Creator-Formate spielen eine Rolle, sind jedoch ohne die Reichweite klassischer Ausspielwege schwer in der Breite zu etablieren. Für sie wird es zunehmend entscheidend, Long- und Shortform-Content strategisch zu verbinden und die eigenen Kanäle als Marketinghebel stärker zu nutzen. Sie sieht dabei auch großes Potenzial im Branded Entertainment und ist offen, hier kreative Möglichkeiten bei den Top-Marken von RTL Deutschland zu schaffen. Ihr Ziel ist klar: Formate müssen mehr sein als Einzelprojekte – sie sollen langfristige Content-Welten schaffen, die Zuschauer*innen im Idealfall über Jahre binden.
Fehler sind Lernprozesse – Petra Kruse im Gespräch mit Dr. Rainer Esser
Im Gespräch mit unserer pilot Hamburg Geschäftsführerin Petra Kruse zeichnete Dr. Rainer Esser, CEO ZEIT Verlagsgruppe & Geschäftsführer DvH Medien GmbH, den beeindruckenden Wandel seines Medienhauses nach – von der kriselnden Publikation zum multimedial erfolgreichen Verlag. Als er 1999 antrat, war ihm die wirtschaftliche Lage des Hauses nicht einmal bekannt. Doch mit Mut zur Veränderung, kleinen Marktforschungsschritten und einer starken Mannschaft habe sich ein radikaler Kulturwandel vollzogen. Für Esser ist entscheidend, jungen Mitarbeitenden schnell Verantwortung zu übertragen und eine offene Fehlerkultur zu leben. Nur wer experimentiere, könne Neues schaffen – Kreativität entstehe nicht am Konferenztisch, sondern im unternehmerischen Alltag. Er erzählte, wie Formate wie „Zeit Verbrechen“ nicht geplant, sondern fast beiläufig entstanden und sich dann als publizistische wie wirtschaftliche Erfolgsformate etablierten. Wachstum gab es nicht nur in der Redaktion, sondern auch in Bereichen wie Marketing und Vertrieb. Trotz aller Dynamik bleibt die Marke dabei stabil – allein durch die journalistische Haltung, die im Haus tief verankert sei. Für Esser ist klar: Die Vielfalt der heutigen Plattformen ist eine riesige Chance für Journalismus, wenn man bereit ist, originell und mutig zu arbeiten.
Innovation beginnt mit Naivität – Kristian Meinken im Gespräch mit Sebastian Turner
Im Austausch mit unserem pilot CEO Kristian Meinken analysierte Sebastian Turner, Gründer und Herausgeber von Table.Briefings, die Innovationsblockaden in der Medienbranche – und forderte mehr Mut zur Disruption. Er warnte vor dem sogenannten Innovatorendilemma: Wer eine erfolgreiche Veränderung bereits umgesetzt hat, verpasst oft den nächsten Schritt. Besonders in Deutschland, dem „Printland“, mangele es an radikalen Ansätzen. Als positives Gegenbeispiel nannte Turner seine Zeit beim Tagesspiegel, wo es gelang, zwölf hyperlokale Newsletter ohne zusätzlichen Personalaufwand auf den Markt zu bringen. Entscheidend sei es, sich auf die Bedürfnisse berufstätiger Leser*innen zu konzentrieren und das Lokale als strategisches Wachstumsfeld zu begreifen. Turner betonte ausdrücklich, dass Redaktionen von Größe profitieren: Wird zu stark gespart, bleibt oft nur ein Experte pro Ressort – der dann gezwungen ist, im eigenen Echo zu agieren und sich inhaltlich kaum weiterzuentwickeln. Es entsteht ein journalistisches Mittelfeld, das dem Anspruch an Tiefe nicht gerecht wird. Deshalb müsse der inhaltliche Kern redaktioneller Arbeit bewusst gestärkt werden und dürfe nicht zur Disposition stehen. Mit seinem Format „Briefings“ zeigt er, wie auch rein textbasierte, tiefgründige Inhalte wirtschaftlich erfolgreich sein können – insbesondere bei Führungskräften. Seine Empfehlung an alle Medienmacher*innen: Gründen Sie einen lokalen Newsletter und werden Sie dort relevant, wo andere noch Lücken lassen.
Medien gestalten heißt Verantwortung übernehmen
Der Vormittag bei pilot@OMR 2025 zeigte einmal mehr: Medien verändern sich nicht von allein – sie brauchen Menschen, die sich mit Überzeugung für Qualität, Nähe und Relevanz einsetzen. Ob Lokaljournalismus, TV-Unterhaltung oder digitale Briefings – überall dort, wo Leidenschaft auf Strategie trifft, entsteht Wirkung. Und genau darum ging es in diesem Jahr: die Kraft der Begeisterung spürbar zu machen, sich auszutauschen und inspiriert in den Messe-Tag zu starten.
Danke an alle Speaker*innen, Gäste und Mitgestalter*innen.
Bis zum nächsten Jahr!
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Director Corporate Marketing & Communications