"Digital" wirkt nicht: Kristian Meinken im OMR-Magazin 2019

Im exklusiven Gastartikel für HORIZONT erklärt unser Geschäftsführer den Gattungsbegriff "Digital" für überholt

25.04.2019

Unsere Frage im OMR-Magazin 2019: Was ist eigentlich „Digital“?

Kurz vor dem Online Marketing Rockstars Festival 2019 äußert sich unser Geschäftsführer Kristian Meinken zur Gattungsbezeichnung „Digital“, die seiner Meinung nach ins Leere läuft.

In seinem Gastartikel im offiziellen OMR-Magazin 2019 des Fachmediums HORIZONT erläutert er, warum es ein neues Verständnis für Wirkung von Kommunikation braucht und weshalb auch unser Branchen-Event pilot@OMR in diesem Jahr unter dem Motto „Wissen, was wirkt“ steht.

Mit dem Impact Score hat pilot erst kürzlich ein neues Modell für wirkungsvollere Mediaplanung vorgestellt, mit dem gattungsunbhängig die mögliche Werbewirkung einzelner Kontakte ermittelt wird. Im Folgenden finden Sie den Autorenbeitrag von Kristian Meinken aus dem OMR-Magazin 2019 zum Nachlesen.

Screenshot des Gastbeitrags von Kristian Meinken im HORIZONT OMR-Magazin 2019 (Quelle: HORIZONT)

Gibt es in unserer Branche eigentlich noch Gespräche und Themen, die sich nicht um „Digital“ drehen?

Vermutlich nicht – und das aus guten Gründen. Problem dabei ist nur: Digital wirkt nicht. Warum? Was ist denn eigentlich „Digital“? Mit Digital hat sich ein künstlicher Gattungsbegriff festgesetzt, der mehr verallgemeinert als erklärt. Ein Gattungsbegriff für eine weiter wachsende Vielzahl an unterschiedlichen Mediengattungen und Werbeinventaren (gern auch vermischt). Und ein Gattungsbegriff für die Vielfältigkeit an Nutzungssituationen und Medienmomenten.

Damit ist Digital zu einem Begriff geworden, der ins Leere läuft und dem komplexen Anspruch heutiger Mediennutzung und Kommunikation nicht gerecht wird. Digital verwischt, wo scharfe Abgrenzung und klare Definition notwendig wären. 

Digital ist inhaltsleer. Genauso gut könnten wir Luft, Kupfer oder Holz zu zentralen Mediengattungen erheben. Wobei Luft als Übertragungsmedium von beispielsweise Funk- und Satellitenfrequenzen, 3G, 4G und bald auch 5G bis hin zu den guten, alten Rauchzeichen die Gattung ist, die mit Abstand am intensivsten genutzt wird.

Digital meint sehr viel, sagt aber nicht genau was

Digital meint audiovisuelle Inhalte – von mehrseitigen Reportagen über TV-Content bis hin zu Blogs oder Youtube-Clips. Digital meint Kanäle – von den digitalisierten Klassikern wie TV und Print bis hin zu Plattformen wie Instagram oder Messenger wie Whatsapp. Wobei Instagram auch Messenger ist und Whatsapp mit „Status“ auch Medieninhalte anbietet. Digital meint Devices – vom stationären PC über das Smartphone, Smart TV bis sprachgesteuerten Assistenten.

Gemeinsam ist all dem nur eins: es funktioniert IP-basiert. Und so ist die Gattung Digital in der Kommunikationsplanung eigentlich nur eins: eine immer größere Floskel. Digital bietet damit auch eine (unnötige) Angriffsfläche für die verallgemeinernde Kritik all derjenigen, die sich nach der übersichtlichen und homogenen Mediennutzungslandschaft der 90er und davor zurücksehnen.

Die Zukunft heißt: Weg mit den Mediengattungen, die wir über Jahrzehnte hinweg sorgsam in Silos gepflegt und gehegt haben.
Kristian Meinken, Geschäftsführer pilot Agenturgruppe

Wirkung – aber von was? Kristian Meinkens Antwort im OMR-Magazin 2019

Wenn wir nun die Wirkung von Digital hinterfragen, dann kann uns das nicht ans Ziel führen. Zu unterschiedlich ist die Mediennutzung, zu facettenreich und heterogen sind die einzelnen Medienmomente. Wie aber kommen wir der Wirkung besser auf die Spur? Die Zukunft heißt: Weg mit den Gattungen, die wir über Jahrzehnte hinweg sorgsam in Silos gepflegt und gehegt haben! In unserer hypervernetzten Welt können wir gar nicht so schnell die Gattungsbrillen wechseln, wie die Nutzer in ihrer Mediennutzung zwischen heterogenen Aufmerksamkeitskontexten bzw. Medienmomenten wechseln.

Medien neu denken

Wir müssen unsere Medienlandschaft „nutzerzentrisch“ denken und klassifizieren, also nicht länger nach Geräten oder physischen Medien oder Übertragungsstandards.

Und dafür müssen wir Mediennutzung, die noch generell auf Basis des alten Gattungsdenkens kategorisiert wird, entbündeln und neu verschnüren.

In der Umsetzung ist dies radikaler und tiefgreifender als es zunächst klingt, denn es setzt einen innovativen Ansatz für Planung, Einkauf und Optimierung von Werbeinventar voraus.

Werbekampagnen, auch mit klaren Zielgruppen und Zielsetzungen, werden künftig aus noch vielfältigeren Inventaren aufgebaut werden – von klassischen 25-sekündigen horizontalen TV-Spots bis News-Feeds, von 1-sekündigen vertikalen Story Ads bis DOOH-Videos.

Dies steigert die Anforderungen an die Mediaplanung – in der Reichweitenoptimierung, Kontaktdosierung, Medienausschöpfung und Formatauswahl und vor allem: Wirkungssteuerung.

Die Frage „was wirkt“ wird zu einer zentralen Herausforderung, denn: Die noch immer meistgenutzten Werbewirkungsstudien basieren auf dem alten Gattungsdenken. Das bringt uns heute, in unserer komplexen Medienwelt aber nicht mehr weiter. Unser Stein der Weisen heißt heute wie künftig: Wissen, was wirkt.

Die Wirkung von Markenkommunikation ist aber längst ein komplexes Geflecht aus „Content“, „Contact“ und „Context“. Dabei geht es um die Mess- und Steuerbarkeit von Konvergenz. Und zwar von einer Konvergenz, die immer komplexer wird und wirkt.

Die Wirkungspotenziale von Werbekontakten müssen hierfür gattungsunabhängig bewertet werden. Nur ein ganzheitliches Modell, das die kreative Durchsetzungsstärke der Werbemittel als integralen Bestandteil betrachtet, kann die notwendigen Analysen zur Gestaltung des Inventarmixes liefern. Denn auch die Werbemittelgestaltung muss nutzerzentrisch auf unterschiedliche Medienmomente ausgerichtet werden. Wirkung wird zu einem Ergebnis, das sich nur durch sehr enge Zusammenarbeit zwischen den Teams auf Seiten von Kunde und betreuenden Agentur(en) maximieren lässt.

„Wissen, was wirkt“ – das ist aktuell und für die absehbare Zukunft die größte Herausforderung der Mediabranche

Fest steht: Wir brauchen neue Konzepte, denn die alten Mechanismen greifen nicht mehr. Monothematische Branchendebatten wie „TV ist tot“ oder „Print hat keine Zukunft“ oder auch „Die Zukunft ist Audio/Voice/VR/Social/Vertikal/…“ bringen uns dabei nicht weiter, sind sie doch nur Symptom einer Scheuklappensicht, die den Blick auf das große Ganze versperrt.  

„Wissen, was wirkt“ – das ist eine Challenge, die uns antreibt und nicht ruhen lässt. Eines steht für mich dabei schon fest: Digital ist die falsche Antwort darauf.

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Kristian Meinken
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