pilot Radar: Energiekrise drückt auf die Konsumstimmung

Wir liefern aktuelle Daten zum Verbraucherverhalten in Zeiten der Inflation.

23.08.2022

Unsere aktuellen Themen:

  • Ausgabebereitschaft im Sinkflug
  • Mentale Resilienz beeinflusst das Konsumverhalten
  • Mehr Sachlichkeit statt Emotion in der Werbung
  • Revival des Schlussverkaufs

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Energiekrise im klaren Fokus der Deutschen

Es ist Sommer – und alle reden über den Winter. „Energiekrise“ heißt das Schlagwort, das derzeit die Nachrichten und Gespräche dominiert. Für 59 Prozent der Deutschen ist dies aktuell das relevanteste Thema, gefolgt vom Anstieg der Verbraucherpreise (45 Prozent) und dem Krieg in der Ukraine (49 Prozent). Während vor einem Vierteljahr noch der wirtschaftliche Ausblick oder Corona klar im Fokus standen (KW 19: 48 und 30 Prozent), so sind diese Themen im Relevanz-Ranking nun deutlich nach unten gerutscht – auf 17 und 11 Prozent. Auch die intensivere Beschäftigung mit dem Klimawandel muss angesichts des drohenden Versorgungsnotstands beim Gas erst einmal warten und hat in der Wahrnehmung der Menschen an Wichtigkeit verloren (14 Prozent).

Die Gemengelage aus krisenbedingten Herausforderungen und allgemeiner Verunsicherung schlägt erwartungsgemäß auf die Stimmung der Deutschen durch – mit signifikanten Auswirkungen auf die Ausgabebereitschaft: Anfang August haben 52 Prozent der Befragten angegeben, weniger Geld ausgeben zu wollen. Damit hat die Ausgabebereitschaft den niedrigsten Wert seit dem Beginn der Radar-Erhebungen im März 2020 erreicht. Nur noch 45 Prozent erklärten, in den nächsten Wochen unverändert konsumieren zu wollen.

Je entspannter, desto konsumfreudiger

Die Analysen der pilot-Forschenden zeigen, dass das Konsumverhalten maßgeblich von der mentalen Resilienz der Menschen beeinflusst wird. In der aktuellen Radar-Welle stimmte die Hälfte der Befragten eher oder stark zu, dass das Gefühl des andauernden Ausnahmezustands bei ihnen persönlich Stress verursache.

Stressempfiden in psychischen Verfasstheit fest verankert

Unabhängig vom Krisenthema – ob nun Corona, Ukraine-Krieg oder Energienotstand – verhält sich dieser Wert über die Radar-Abfragen hinweg vergleichsweise stabil und scheint daher in der psychischen Verfasstheit fest verankert zu sein. Dabei zeigen sich Männer resistenter gegen die Stressoren als Frauen, auch nimmt die Entspanntheit mit dem Alter zu: 37 Prozent bei den 18- bis 29-Jährigen gegenüber 61 Prozent bei den 60plus-Jährigen. „Mentale Resilienz steht natürlich auch in Zusammenhang mit dem Haushaltsnetto-Einkommen der Befragten, korreliert aber insgesamt deutlich stärker mit dem Alter und dem Geschlecht“, erklärt unser Leiter Marktforschung Daniel Daimler.

Am stärksten beschäftigt die Deutschen dabei die Versorgungssicherheit mit Energie, Nahrungsmitteln oder auch Trinkwasser (77 Prozent). Bereits an zweiter Stelle rangiert die Sorge, dass die aktuellen Krisen den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Deutschland beschädigen (74 Prozent), gefolgt von einem Unsicherheitsgefühl in Bezug auf die weitere Entwicklung in den nächsten Wochen sowie die persönliche finanzielle Situation (jeweils 65 Prozent). Die Sorgen rund um Corona, wie etwa eine Infektion mit schwererem Verlauf, sind angesichts der aktuellen Themenlage stark in den Hintergrund geraten.

An den persönlichen „Gönn-dir was“-Momenten wird zuerst gespart

Welche Auswirkungen hat die psychische Verfasstheit nun auf die Ausgabebereitschaft? Die Unterschiede zeigen sich deutlich: 63 Prozent der Befragten mit geringerer Resilienz sagen, dass sie in den nächsten Wochen weniger Geld ausgeben wollen. In der Gruppe der psychisch Entspannteren waren dies dagegen nur 40 Prozent.

Keine Unterschiede gibt es allerdings bei den Konsumbereichen, wo eingespart werden soll: An der Spitze stehen Ausgehen und Feiern (56 Prozent) vor Möbel (54 Prozent) sowie Urlaub und Reisen (48 Prozent). Mit 46 Prozent folgen Unterhaltungsmedien wie Bücher, Filme oder Musik. Das geringste Einsparpotential sehen die Deutschen bei Nahrungsmitteln (siehe Grafik 1).

Grafik 1

Rabattkampagnen im Lebensmitteleinzelhandel werden deutlich wahrgenommen

Kaum überraschend schauen die Verbraucher*innen jetzt noch genauer auf den Preis.

Werbung: Sachlichkeit vor Emotion

Daher erwarten die Deutschen auch in der Werbung mehr Sachlichkeit als Emotion: Bei der Frage, welche Aspekte im Kontext der aktuellen Preissteigerungen wichtiger geworden sind, liegen „Informationen über Preise und Rabatte“ ganz klar an erster Stelle. Unverändert relevant sind Informationen über die Vorteile der Produkte und über die ökologische und soziale Verantwortung der Marke (siehe Grafik 2). „Für die Marken bedeutet dies, dass die Vermittlung von Verantwortung, Nutzen und Wert in der Kommunikation weder Entweder-Oder-Entscheidungen noch ,One-Fits-All‘-Lösungen darstellen. Die aktuellen Krisen wirken in jeder Warengruppe unterschiedlich auf die Bedürfnisstruktur der Verbraucher*innen. Durch ein solides Verständnis dieser Wirkungsdynamik können Marken gerade in Zeiten angespannter Kostenstrukturen bisher weniger berücksichtigte Effizienzpotentiale heben“, erklärt unsere Leiter Marktforschung Daniel Daimler.

Zwei Drittel der Befragten haben zudem die verstärkte Preiskommunikation im Einzelhandel wahrgenommen, wobei dies nicht nur für die Discounter zutrifft. Rund einem Drittel ist dies auch für die großen LEH-Unternehmen aufgefallen. Dabei werden die Rabattkampagnen nach wie vor am stärksten der Beilagenwerbung in Zeitungen zugeordnet, wobei an zweiter Stelle mit 35 Prozent bereits TV folgt (siehe Grafik 3).

Damit zeigt sich: Zu den wichtigsten Konsumstrategien zählt derzeit der Preisvergleich – auch stationär versus Internet (59 Prozent). Drei Viertel der Deutschen studieren zuhause die Sonderangebote des Handels und richten ihre Einkäufe danach aus. Ein Revival erlebt zudem der gute alte Schlussverkauf: Rund 60 Prozent der Befragten gaben an, mit Anschaffungen bewusst auf den Sale zu warten.

Grafik 2
Grafik 3

Eigenverantwortung beim Energiesparen

Aber nicht nur beim Einkaufen wird gespart. Angesichts der Energiekrise zeigen die Deutschen auch ein ausgeprägtes Maß an Pflichtbewusstsein und Eigenverantwortung und richten ihr Verhalten danach aus. Zwei Drittel wollen nun alle möglichen Stromspar-Maßnahmen prüfen – vom Stand-by-Modus bis zum gewissenhaften Lichtausschalten. 56 Prozent haben vor, zuhause die Raumtemperatur abzusenken. Und 51 Prozent tanken gezielt, wenn der Sprit günstiger ist. Die Hälfte der Befragten gab an, kürzer zu duschen, und 46 Prozent fahren weniger mit dem Auto.

Atomkraft: falls nötig

Wie steht es um die aktuellen politischen Diskussionen? Beim Thema Atomkraft als „alternative“ Energiequelle zum raren Gas überwiegt der Pragmatismus: 40 Prozent sind der Meinung, dass in der aktuellen Krise die Atommeiler weiterhin laufen sollten, allerdings auch nicht darüber hinaus. 25 Prozent lehnen diese Energiequelle grundsätzlich ab, wobei in der jungen Zielgruppe 18 bis 29 Jahre mit 36 Prozent die Ablehnung am deutlichsten ist. 23 Prozent der Befragten befürworten deren Nutzung in Deutschland. Dabei zeigt sich, dass die Akzeptanz mit dem Alter zunimmt, denn im Segment 60 plus stimmten 39 Prozent zu.

Übergewinnsteuer: ja, bitte

Dies gilt auch für das heiße Eisen Übergewinnsteuer, deren Einführung 43 Prozent voll und ganz unterstützen würden (50 plus: 51 Prozent). 30 Prozent würden diese Steuer unter bestimmten Bedingungen befürworten, 10 Prozent lehnen dies grundsätzlich ab. Dabei handelt es sich um ein Thema, das jüngere Zielgruppen eher weniger tangiert. So haben 28 Prozent der 18- bis 29-Jährigen hierzu keine Meinung (siehe Grafik 4).

Grafik 4

Corona: alles, was hilft

Und welche Einstellung haben die Deutschen in diesen sommerlichen Tagen gegenüber den Corona-Maßnahmen, die uns wohl mit der nächsten Herbstwelle wieder bevorstehen? Hier lässt sich nach zwei Jahren der Pandemie-Erfahrung konstatieren: Die Menschen akzeptieren, was ihnen sinnvoll und hilfreich erscheint. So plädieren 81 Prozent für eine Testpflicht in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen zusätzlich zur Maskenpflicht, 78 Prozent halten auch weiterhin eine Isolationspflicht bei Infizierung für erforderlich. 72 Prozent befürworten eine Maskenpflicht in öffentlich zugänglichen Innenräumen, in Verkehrsmitteln oder im Einzelhandel. Und für 77 Prozent sollten Schulschließungen wenn möglich vermieden werden. Weniger Zustimmung findet dagegen der Masken- und Test-Wirrwarr um Besuche von Restaurants oder Freizeitveranstaltungen (44 Prozent) wie es für das neue Infektionsschutzgesetz vorgesehen ist.

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    Daniel Daimler
    Leiter Marktforschung

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