Kristian Meinken: Blockchain in der Mediabranche

Im Gastbeitrag beschreibt Kristian Meinken, wie Blockchain in der Mediabranche von Utopie zu Vision werden kann

28.11.2018

Für das Fachmagazin HORIZONT hat unser Geschäftsführer Kristian Meinken einen exklusiven und vielbeachteten Gastartikel verfasst, den Sie auch hier im Folgenden lesen können.

Werbungtreibende Unternehmen treibt derzeit ein Thema besonders um: Blockchain. Das war auch vergangene Woche auf der Fachtagung des Kundenverbandes OWM deutlich zu vernehmen. Und es gibt dazu klare Ansagen in Richtung Mediaagenturen: „Was es dringend braucht, sind konkrete Angebote und Lösungen, die den Werbungtreibenden mehr Transparenz und mehr Sicherheit bieten. Hier wünsche ich mir mehr Initiative vonseiten der Mediaagenturen“, so die OWM-Vorsitzende Tina Beuchler.

Das haben wohl die meisten Mediaagenturen auch verstanden, und ich gebe Tina Beuchler in ihrer Einschätzung durchaus recht: Bislang wird – wie so oft – deutlich mehr über Blockchain geredet als dass es konkrete Ansätze für denkbare Einsatzbereiche gibt. Zeit also für eine kurze Zwischenbilanz.

Blockchain wird zur Transparenz in der Mediabranche beitragen, wenn Werbekunden, Agenturen und Vermarkter gemeinsam die Kette bauen

Ja, Blockchain hat das Potenzial, die Transparenz im Media-Geschäft zu erhöhen

Wo stehen wir heute? Wir haben es mit einer bislang nicht erlebten Komplexität und Fragmentierung im Mediageschäft zu tun. Und: Nie zuvor stand eine so leistungsfähige Technologie zur Verfügung, um Prozesse schneller und einfacher zu gestalten. Es ist daher nachvollziehbar, dass die werbungtreibenden Unternehmen einen akuten Bedarf an Infrastruktur anmelden, die mehr Transparenz in die Effizienz und Wirksamkeit der Werbeinvestitionen bringen soll.

Nein, Blockchain wird kurzfristig keinen substanziellen Transparenzbeitrag leisten

Die Ernüchterung folgt auf den Fuß, denn klar ist auch: Marktfähige, in der Breite einsetzbare Lösungen wird es nicht schon morgen geben, sondern frühestens in ein paar Jahren. Und es gibt noch eine Einschränkung: Es kann nicht die Aufgabe einer Mediaagentur sein, Infrastruktur-Lösungen für den gesamten Markt zu entwickeln und bereitzustellen. Selbst auf Verbandsebene kann eine derart tiefgreifende Marktgestaltung nur in einer gemeinsamen Initiative von Werbungtreibenden, Medien und Vermarktern, Agenturen und Technologie-Anbietern gemeistert – oder von einer unabhängigen Partei in den Markt geführt werden.

Zwei Mal aber …

Die Intention der Werbungtreibenden ist verständlich: Ad Fraud und Brand Safety sind wichtige Teilthemen, die gut gelöst sein müssen, um den digitalen Medien neues Potenzial zu verschaffen. Allerdings frage ich mich auch, ob die starke Fokussierung auf diese Themen nicht allmählich den Blick auf das große Ganze verschleiert: auf die komplexen Herausforderungen der digitalisierten Kommunikation und die fundamentalen Verhaltensveränderungen auf Konsumentenseite.

Gleichzeitig richtet sich die Lösungssuche zu diesen Themen (zu) sehr auf der Lieferkette. Gibt es Alternativen? Natürlich! Beispielsweise in der (Neu-)Definition von Wirkungs-KPIs, über die Negativ-Effekte besser eingepreist werden können. In der Konsequenz könnte dann auch die daraus resultierende Kosteninflation nachhaltiger bewältigt werden.

Beispiel Apps: In der Wirkungsbetrachtung schlägt der KPI „erster echter Nutzungsvorgang“ den „App-Download“ um Längen und minimiert die Gefahr von Kostenschäden durch Fraud. Rückt „Wirkung“ in der Betrachtung von Werbeinvestitionen in den eigentlich selbstverständlichen Vordergrund, lassen sich „unwirksame“ oder auch schädliche Kontakte ebenfalls isolieren.

Eine Standortbestimmung

  • Der Einsatz von Blockchain wird in wesentlichen Einsatzbereichen eine Mehr-Parteien-Lösung sein. Damit sehen sich die Industrie, aber auch die Branchenverbände gefordert, die bestehenden Problemfelder gemeinsam zu identifizieren, zu priorisieren und die nötigen Investitionen zu ermöglichen.
  • Der Fokus von Agenturen muss sich auf die Frage richten, wie die Werbewirkung gesteigert werden kann. Der Einsatz von Blockchain wird derzeit vorrangig noch entlang der „Supply Chain“ (Stichwort Transparenz) bzw. im Transaktionsmanagement gesehen. Die Vorteile: Der Abwicklungsprozess könnte einfacher und sicherer gestaltet werden – und damit auch die Werbekosten gesenkt werden (je nach Kosten und Aufwand für die Umsetzung und Administration der technischen Lösung). Aber: Wirksamer oder besser wird Werbung damit maximal indirekt.
  • Natürlich können neue Marktplatz-Konzepte für Werbeinventare auch nicht-digitaler Medien spannende Möglichkeiten bieten. Viele dieser Konzepte sind jedoch auch ohne Blockchain-Technologie und Krypto-Währung denk- und umsetzbar. Nur: Sie konnten sich bisher nicht durchsetzen. Hier muss zunächst am nachhaltigen Nutzen gearbeitet werden, dann erst folgt die Auswahl der Technologie-Infrastruktur.

Die Zukunft von Blockchain für Media

Ja klar, beim Thema Blockchain gibt es interessante Einsatzmöglichkeiten. So könnte ich mir vorstellen, dass …

… Agenturen sich im Blockchain-Zeitalter voll und ganz auf ihre Beratungskompetenz fokussieren und ansonsten nur noch vermitteln. Das Mediageld fließt dann direkt zwischen den Werbungtreibenden und den Inventar-Produzenten

… im Zuge zunehmender Automatisierung von Planungs-, Einbuchungs- und Optimierungsprozessen Blockchain als Transaktionsplattform zwischen den Systemen der Nachfrager- und Anbieterseite relevant wird.

Utopisch? Nur, solange Werbekunden, Agenturen und Vermarkter nicht gemeinsam die Kette bauen, die unseren Markt verändern kann. Der sinnvolle Einsatz der Blockchain-Technologie im Mediageschäft eröffnet unzweifelhaft Chancen, ist aber auch eine große Kraftanstrengung. Lassen Sie uns das gemeinsam angehen.

Kontakt

Kristian Meinken
Geschäftsführer

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